Seit einiger Zeit interessiere ich mich für Langezeitbelichtungen in der Fotografie. In diesem Beitrag möchte ich kurz auf das Thema eingehen und meine Vorgehensweise erklären.
Was sind Langzeitbelichtungen?
Eine genaue Definition wo die Langzeitbelichtung beginnt, gibt es nicht. Einige sind der Meinung, es beginnt bei einer halben Sekunde, andere meinen, dass es erst bei einigen Minuten beginnt. Nun möchte ich an der Stelle auch keine Definition aufstellen. Für mich persönlich beginnt die Langzeitbelichtung bei ein paar Sekunden, eine genau Zahl kann ich da nicht nennen und spielt eigentlich auch keine Rolle. Mit den richtigen Hilfsmitteln sind nach oben keine Grenzen gesetzt.
Wozu eignet sich eine längere Belichtungszeit?
Ein Foto mit einer Langzeitbelichtung auf zu nehmen kann unterschiedliche Gründe haben, zum Beispiel:
Menschen “verschwinden” lassen
An belebten Plätzen können durch eine lange Belichtungszeit die Bewegungen von Personen “verschwinden”.

Bewegungsabläufe festhalten
Die Fahrbewegung der vorbeifahrenden Straßenbahn kann aufgezeichnet werden.

Wasser weichzeichnen
Die Bewegungen des Wassers können “glatt gezogen” werden

Wolkenbewegungen einfangen
Wenn die Wolken ziehen, können diese Bewegungen ein Bild viel dramatischer oder spannender erscheinen lassen.

Sonnenaufgang / Sonnenuntergang
Durch die Langzeitbelichtung können die Farben bei Sonnenauf- und untergang viel kräftiger aufgenommen werden.


Welche Werkzeuge werden benötigt?
Als erstes sollte bei einer längeren Belichtungszeit die Kamera immer auf einem Stativ stehen, um Verwacklungen zu vermeiden. Da durch die Hand am Auslöser ebenfalls kleine Verwacklungen passieren können, ist optional ein Fernauslöser zu empfehlen, aber wenn keiner vorhanden ist, kann man sich auch mit dem Timer der Kamera behelfen. Für längere Belichtungszeiten am Tag werden sogenannte ND Filter (Graufilter) benötigt. Der Neutrale Dichte Filter schluckt je nach Stärke das Licht, ähnlich wie eine Sonnenbrille. Den Filter gibt es in verschiedenen Stärken und Bezeichnungen. Die Bezeichnung ND 3.0 entspricht auch einem 1000er ND Filter, hier gibt die Zahl nicht die Stärke, sondern den Verlängerungsfaktor an. Folgende Tabelle soll eine Überblick über die Unterschiede verdeutlichen.
Stärke | kein Filter | ND 0.3 | ND 0.9 | ND 1.8 | ND 2.0 | ND 3.0 |
Blendenfaktor | 0 | -1 | -3 | -6 | -6,66 | -10 |
Verlängerungsfaktor | 0x | 2x | 8x | 64x | 100x | 1000x |
Belichtungszeit | 1/125 s | 1/60 s | 1/15 s | ½ s | 1 s | 8s |
1/60 s | 1/30 s | ⅛ s | 1 s | 2 s | 15 s | |
1/15 s | ⅛ s | ½ s | 4 s | 7 s | 60 s | |
1s | 2s | 8s | 64 s | 100 s | 17 min |
Quelle: Auszug aus dem Buch: Langzeitbelichtung und Nachtfotografie von Ronny Ritschel (Link siehe unten)
Auf den ersten Blick ist so eine Tabelle etwas verwirrend. Auf einigen der Verpackungen der Filtern gibt es so eine Tabelle als Hilfestellung. Was bedeutet das und geht das nicht auch einfacher?
Ich habe einen 1000er ND Filter und wenn ich diesen benutzen möchte, mache ich eine Aufnahme ohne Filter mit den passenden Einstellungen an der Kamera. Habe ich nun meine Aufnahme mit beispielsweise eine Blende von 8 und eine Zeit von 1/125 s gemacht, kann ich berechnen, welche Einstellungen ich mit meinem 1000er ND Filter benötige. Der Filter hat einen Blendenfaktor von -10 (dies sollte man sich merken) und somit muss ich bei meiner Langzeitbelichtung von 8s nehmen. Ich verdopple die Belichtungszeit meiner Originalaufnahme 10 mal: 1/125 s → 1/60 s → 1/30 s → 1/15 s → ⅛ s → ¼ s → ½ s → 1s → 2s → 4s → 8s
Ich möchte nicht immer auf irgendeine Tabelle schauen, für mich ist dieser Weg viel einfacher und ich kann sicher sein, dass ich mein Handwerkszeug (mein Köpfchen) immer dabei habe.
Ich finde das Thema sehr spannend, da ein Motiv mit einer langen Belichtungszeit ganz anders wirkt, als eine kurze Belichtungszeit. Weiterhin finde ich es sehr beruhigend, da man sich alle Zeit der Welt lassen kann.
Buchempfehlungen
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Langzeitbelichtung und Nachtfotografie (mitp Edition Profifoto)